Ausstellungen
Gruppenausstellungen:
„Eigene Arbeiten“ - Universität Hannover, November 1979
„Jahresausstellung“ - Universität Hannover, Januar 1981
"mobile only" - PH21 Gallery, Budapest, 6. Juli bis 1. August 2017
"Die Teile und das Ganze“ – Bürgerhaus Hemelingen, 24. Juni bis 27. Juni 2018
"Jubiläumsausstellung ARTi.G.“ - Rathaus Vechta, 21. September bis 12. Oktober 2018
Einzelausstellungen:
„in | or | out“ – NWZ-Galerie, Oldenburg, Juni 2015 (Katalog)
„in | or | out“ – Palais Rastede, Rastede, September 2015 (Katalog)
„public privacy" und „in | or | out“ – Kunstmix Produzentengalerie im Schnoor | Kolpingstrasse 18 | 28195 Bremen, 29. Januar bis 24. Februar 2017
„Wolfgang Nebel - Photography" - Schloss Evenburg | Am Schlosspark 26 | 26789 Leer, 20. Oktober 2017 bis 10. Januar 2018
„Wolfgang Nebel - Social Media" - ART i.G. | Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta | An der Propstei 10 | 49377 Vechta , Januar bis März 2018
„public privacy" - galerie@zentegra | Alter Stadthafen 6 | 26122 Oldenburg, 23. August 2018 - 7. November 2018
demnächst:
"TRANSFORMATION - Beyond Imagination" - Galerie für Fotografie | Seilerstr. 15 d | 30171 Hannover, geplant: 14.10.2021 - 21.11.2021
Auszug aus Ansprache gehalten von Martin Grapentin zur Eröffnung der Ausstellung in ARTi.G. 2018:
... die Zeiten ändern sich, manchmal zu langsam und nur im Verlauf mühsamer Prozesse. Dann wieder disruptiv, unerwartet und schwer zu steuern. Aber sie ändern sich unablässig.
Und wir bewegen uns mit ihnen oder auch in ihnen – ob wir wollen oder nicht. Das wird uns vor allem dann bewußt, wenn wir einen längeren Zeitraum betrachten. Diese Erkenntnis mag nicht neu sein. Meine Generation z. B. wurde mit der sog. 68er-Bewegung erwachsen, wobei „68“ für Aufbruch und Befreiung stand.
Auf den Straßen wurden Miniröcke getragen, die Hippie-Zeit begann. Aus den Radios tönten die Rolling Stones mit „Jumpin’ Jack Flash“ und die Beatels sangen „Hey Jude“. Oswalt Kolle wurde zum Aufklärer der Nation (mit seinem Film „Das Wunder der Liebe“). Der Staatsanwalt drohte ihm deswegen mit Verhaftung. Ich selbst sah den Film - aber nur in Begleitung meiner Mutter...
Damals galt in Westdeutschland im Wesentlichen dasselbe Grundgesetz wie heute – und doch war es eine andere Republik. Frauen durften zwar ein eigenes Konto haben, brauchten aber die Erlaubnis ihres Ehemanns, wenn sie arbeiten wollten. Homosexualität war strafbar. Verfolgt werden konnte auch, wer ein Zimmer an einen Mann vermietete und dieser nach 22 Uhr von einer Frau besucht wurde, die nicht seine Ehegattin war. - All das ist erst 50 Jahre her!
Meine Sehr verehrten Damen und Herren, bitte verzeihen Sie mir diese vielleicht etwas elegisch anmutenden Reminszenzen an vergangene Jahrzehnte. Ich will Sie damit nicht aufhalten. Aber wenn ich eins in den vergangenen fünfzig Jahren gelernt habe, dann dies: Der Wandel ist kein Schreckgespenst!
Anfang der 90er Jahre wurde das Internet dann kommerziell nutzbar. Es gilt vielen Experten als eine der größten Veränderungen des Informationswesens seit der Erfindung des Buchdrucks vor rund 500 Jahren. Es bot ungeahnte Möglichkeiten und hatte zunehmende Auswirkungen auf unser alltägliches Leben. Verstärkt wurde diese Entwicklung ab 2007 durch die rasante Verbreitung von Smartphones. Von nun an war der Internetzugang sozusagen permanent in unserer Hosen- oder Handtasche – nur nicht hier in der JVA! Für junge Leute bedeutet es allerdings die Höchststrafe, wenn sie ihr Smartphone abgeben müssen. Ich weiß das von meinen Enkeln.
Und im Jahr 2013 stellte der Bundesgerichtshof dann fest, dass das Internet zur Lebensgrundlage von Privatpersonen gehört. Heute fragen sich immer mehr Menschen: Nutzen wir es nur, oder hat es UNS bereits gefangen genommen?
Ja, seine Verbreitung hat zu umfassenden Umwälzungen in vielen Lebensbereichen geführt. Es trug einerseits zu einem Modernisierungsschub in vielen Unternehmen sowie zur Entstehung neuer Wirtschaftszweige bei, hat aber andererseits zu einem grundlegenden Wandel des Kommunikationsverhaltens und der Mediennutzung - sowohl im beruflichen wie auch im privaten Bereich geführt. Darüber hinaus hat es einen beachtlichen Verdichtungsprozess erzeugt: Wir müssen immer mehr Entscheidungen in immer kürzerer Zeit treffen.
Und befinden wir uns vielleicht sogar in einer Beschleunigungsfalle, weil für Muße und Besinnung immer weniger Zeit bleibt. Der Soziologe Matthias Horx, einer der renommiertesten Trendforscher im deutschsprachigen Raum, sagte kürzlich in einem Interview (NWZ 2.1.2018): „Jede Webseite bombardiert uns heute mit einer Flut von irren Geschichten, in jeder Talkshow wird das Ende von Demokratie, Männern, Wohlstand oder Europa beschworen. Dagegen hilft nur eine kluge Ignoranz, die nicht jeden Shitstorm ernst nimmt.“ Die Überfülle an Informationen läßt die Zeit rasen – geht aber nicht in die Tiefe unseres Herzens und unserer Seele.
Hier nun kommt der Informatiker, Wissenschaftler und Fotograf Prof. Dr. Wolfgang Nebel ins Spiel. Gekonnt und sensibel hat er durch seine Arbeiten viele reale Augenblicke dieser durch die Digitalisierung getriebenen inneren und äußeren Veränderungen der Gesellschaft eingefangen und für den Betrachter visibel gemacht.
Damit hält er uns zugleich einen Spiegel vor, der uns fragt: Wie bauen wir uns eigentlich heute unser Weltbild zusammen? Wir sehen die Nachrichtensendungen im Fernsehen, lesen eine oder mehrere Tageszeitungen und sind in Sozialen Netzen vernetzt. Ja, viele schließen sich einer Gruppe an, die möglichst genauso denkt und empfindet wie man selbst. - Können wir noch differenzieren zwischen irrealen Ängsten und realer Bedrohung?
Und hat nicht auch bereits das Fernsehen zu einer gewissen Banalisierung des öffentlichen Lebens geführt. Bisweilen stöhnen wir über die Informationsflut und befürchten, dass uns dadurch der Blick für das Wesentliche und Ganze und damit vielleicht ja auch ein Stück Toleranz verloren gehen könnte. Sind wir wirklich noch da, wo wir gerade sind, oder durch Soziale Medien der gegenwärtigen realen Situation ein Stück entrückt? Nicht nur Soziologen sorgen sich um die Vereinzelung und Verrohung von Menschen.
Wolfgang Nebel lehrt an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg, ist Vorstandsvorsitzender des Forschungsinstituts OFFIS und als Wissenschaftler hoch anerkannt und weltweit vernetzt. Darüber hinaus ist er u. a. Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech und hat über 200 wissenschaftliche Veröffentlichungen publiziert. Als Wissenschaftler arbeitet er faktenbasiert und nutzenorientiert. Weder fürchtet er die fortschreitende Digitallisierung als den großen Zerstörer, noch verherrlicht er sie als Erlöser.
Mich rührt es irgendwie an, dass er - und ich möchte fast sagen, trotz seiner beruflichen Kompetenz - als Fotograf auch die soziologischen Bewegungen mit in den Blick nimmt. Fotografen sehen anders. Es gelingt ihnen, mehr festzuhalten als das Offensichtliche. Sie können Objekte und Situationen sprechen lassen. Sie beobachten Details und Zusammenhänge, haben ein Gespür für das Besondere eines Augenblicks und lenken unsere Aufmerksamkeit auf Dinge, die wir ohne ihre Arbeiten nicht wahrgenommen hätten. Schon wärend seines Studiums an der Universität Hannover setzt Wolfgang Nebel sich intensiv mit zeigenössischen Fotografen auseinander und ist Mitbegründer der dort noch heute aktiven „foto-ag“.
Den skizzierten Fragestellungen nähert er sich durch zwei Zielrichtungen seiner fotografischen Arbeit.
In den Jahren 2013 bis 2015 hat er mit einem Smartphone Spiegelungen, Transparenzen und Fenster zum Thema einer Serie mit dem Titel „in/or/out“ fotografiert. Fasziniert von den Möglichkeiten und Qualitäten der Smartphone-Fotografie hat er die Nachbearbeitung am Computer auf minimale Korrekturen beschränkt. Die Fotografien entstanden weltweit an unterschiedlichsten Orten. Wolfgang Nebel „zeigt Menschen, die aus geschützten Komfortzonen heraus die Außenwelt durch Fenster betrachten.“ Und wir Betrachter der Fotos fragen uns ganz unvermittelt: „Was ist echt? Was ist Spiegelbild?“ Ist es ein Original oder nur eine Epigone?
Seit 2016 beschäftigten ihn in einer neuen Serie mit dem Titel „public privacy“ Gruppen von Menschen, die in der Öffentlichkeit miteinander interagieren, aber gleichzeitig global über das Internet „mit anderen kommunizieren, konsumieren, flirten oder sich informieren. Das Smartphone ermöglicht diese Omnipräsenz. Ich bin in realer, personaler Gesellschaft und gleichzeitig im Dialog mit unsichtbaren Dritten“ irgendwo auf der Welt.